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Maria Embden-Heine
(Principessa della Rocca) über Heinrich Heines Tod

Aus »Erinnerungen an Heinrich Heine« von seiner Nichte Maria Embden-Heine, Principessa della Rocca.
(Hamburg, Hoffmann & Campe, 1881)

Textwiedergabe in der ursprünglichen Orthographie und Interpunktion.



Mitte Februar konnte niemand sich mehr über Heine's Zustand täuschen; nur seine Frau hatte sich an die Phasen der Krankheit so gewöhnt, daß Nichts mehr großen Eindruck auf sie machte, denn häufig war nach den heftigsten Anfällen Besserung eingetreten.

Den 13. Februar wurde das Erbrechen so heftig, daß alle Hülfsmittel der Heilkunde ohne Erfolg blieben, und dieser Zustand dauerte drei Tage lang. Er war so sehr an Opium gewöhnt, daß sogar die stärksten Dosen dieser Arznei ihm weder Linderung noch Schlummer verschaffen konnten.

Pauline behauptet, daß Heine nicht an sein nahes Ende glaubte, obgleich er zu Allen davon sprach, die ihn umstanden; innerlich hegte er jedoch noch einen Schimmer von Hoffnung, daß er siegreich aus diesem Kampfe hervorgehen würde. Er versuchte ein neues Testament zu schreiben, aber beim ersten Paragraphen verließen ihn seine Kräfte, obgleich er bei voller Geistesklarheit blieb. Wenn die Schmerzen etwas nachließen scherzte er sogar!

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich das Gerücht in der Stadt, Heine liege in den letzten Zügen, und alle seine Freunde eilten herbei, ihn noch einmal zu sehen.

Meißner erzählt, daß einer seiner Freunde ihn mit Besorgnis gefragt habe:

„Haben Sie sich mit Gott versöhnt?“

„„Beruhigen Sie sich““, antwortete Heine lächelnd, „„Gott wird mir verzeihen, denn das ist sein Handwerk.““




Nichts wurde unversucht gelassen, ihm Ruhe und Linderung zu verschaffen, dennoch verschlimmerte sich sein Zustand von Augenblick zu Augenblick und als Mathilde den Arzt fragte, ob keine Hofnung mehr vorhanden sei, schüttelte er traurig mit dem Kopfe und ging schweigend zu dem Kranken hinein.

Heine bemerkte, daß Gruby mit traurigem Tone sprach, da fragte er mit fester Stimme:

„Also ich muß sterben?“

Gruby, der seinen Charakter kannte und ihm oft versprochen hatte ihm die Wahrheit nicht vorzuenthalten, wenn der letzte Augenblick nahe, bejahte seine Frage und Heine empfing diese Kunde ohne die geringste Unruhe.

Seine Geistesgegenwart verließ ihn nicht und er blieb bis an sein Ende bei vollem Bewußtsein.

Am Sonntag um 4 Uhr Morgens den 17. Februar 1856 sprach er noch ruhig mit seiner Wärterin; um 5 Uhr schlief er sanft ein — zu einem bessern Erwachen.

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© Wolfgang Fricke